„Es scheint, die Neunte ist eine Grenze“, sagte Arnold Schönberg im Hinblick auf Beethoven und Bruckner. „Wer darüber hinaus will, muss fort. Die eine Neunte geschrieben haben, standen dem Jenseits zu nahe.“ Zieht man den Kreis weiter, kann man diese Aussage noch um Franz Schubert und Antonín Dvořák ergänzen. Gustav Mahler versuchte diese anscheinend in Stein gemeißelte Regel mit dem Lied von der Erde aufzubrechen, bei dem es sich ja augenscheinlich um eine Vokal-Sinfonie handelt. Tatsächlich aber konnte auch Mahler seine bereits fertig skizzierte 10. Sinfonie nicht mehr vollenden. Die Neunte sogar nicht einmal hören, da ging es ihm wie den meisten seiner oben erwähnten Kollegen. Mahler schuf in seinem Weltabschiedswerk einen ureigenen Kosmos, der für die ihm nachfolgende Komponist:innen-Generation stilprägend ist. Das musikalische Universalgenie Leonard Bernstein bezeichnete Mahler denn auch als „Mann an der Schwelle unserer Epoche“. Seine Neunte lässt Mahler mit einer Melodie verklingen, die er bereits in seinen Kindertotenliedern verwendete, die Worte dazu heißen: „Im Sonnenschein! Der Tag ist schön auf jenen Höh’n!“ – Optimistischer kann man dem Ende des eigenen Daseins nicht entgegensehen.