Bruckner im Zerrspiegel der Nachwelt
Im letzten Teil der Reihe Böck ist Bruckner steht das Nachleben des Komponisten im Mittelpunkt. Schon sein Zeitgenosse Hans von Bülow betrachtete Bruckner als „halb Genie + halb Idiot“ und der Widerspruch zwischen dem „einfachen“ Menschen und seinen komplexen Schöpfungen, der den gehegten Wunsch nach Harmonie zwischen Mensch und Werk schmerzlich stört, wurde im Nachhinein größer als je. Während auf der einen Seite Victor Léon und Ernst Décsey in ihrem Erfolgsstück Der Musikant Gottes dem katholisch-konservativen Publikum ein von Klischees triefendes Porträt eines naiven, tollpatschigen, aber zutiefst frommen und göttlich begabten Künstlers präsentierten, präsentierten auf der anderen Seite andererseits verklärten ihn der Ständestaat und die Nazis zur Figur eines „deutschen Tonheros“. Als Folge dieser regelrechten Spaltung der historischen Persönlichkeit wird das Bild Bruckners bis heute „von zwei zentralen Themen dominiert: Auf der einen Seite steht „Gottes Minnesänger“ und auf der anderen Seite der bäuerliche Sonderling, der typische (ober)österreichische Künstler, der (…) leicht – auch in faschistischen Systemen – zum nationalistischen Künstler erhoben werden kann“. Die Lesungen geben einen unterhaltsamen tour d`horizon durch die vielstimmigen literarischen Ansichten Bruckners, begleitet von der Musik seiner begeisterten Anhänger.