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Gilgamesch, Clemencic
D: Kristine Tornquist
C: François-Pierre Descamps
Världspremiär
René Clemencic: Gilgamesch. Die Unsterblichkeit eines Mythos

Mit René Clemencics epischem Oratorium Gilgamesch entführte das sirene Operntheater nach Mesopotamien - in die Welt eines Königs, der lernen musste, dass der Mensch nur durch seine Taten im kollektiven Gedächtnis bleiben und so Unsterblichkeit erlangen kann. Doch bis es soweit ist, hat der narzisstische Gilgamesch einiges zu durchleben: Als Tyrann regiert er sein Volk in Uruk und verspottet sogar die Götter. Einzig der unter den Tieren aufgewachsene Enkidu kann sich mit ihm messen. Es entsteht eine tiefe Freundschaft. Als die Götter den Übermut der beiden Tollkühnen mit dem Tod Enkidus bestrafen, macht sich der trauernde Gilgamesch auf die Suche nach der Unsterblichkeit. Die Musik zu diesem 3000 Jahre alten Mythos stellte sich - klanglich oft wiederholend - äusserst einseitig und beinahe oberflächlich dar. Philosophische Tiefe und musikalische Deutungen mögen stärker durch die Erkenntnis der von Clemencic erwähnten Zahlensymbolik zum Tragen kommen, jedoch gab sich das Werk im Grossen und Ganzen eher laut und penetrant zeitgeistig. Dies mag grösstenteils auch an der Interpretation des Roten Orchesters gelegen haben, in welcher Intonations-, Balance- und Koordinationsprobleme leider deutlich hörbar wurden. Das Orchester war (Zahlensymbolik!) in drei Gruppen mit je fünf Spielern aufgeteilt: Streicher, Blechbläser und Schlagwerk. Diese konfrontierten das Publikum überwiegend mit langen Liegetönen nach Art eines unvollständigen und nicht ausgesetzten Basso continuo, wuchtig schmetternden Blechbläserpassagen und dröhnenden Ausbrüchen der Perkussion. Das moderne Instrumentarium trug zur klanglichen Distanz gegenüber dem historischen Stoff bei - umso erstaunlicher, als Clemencic ein herausragender und sensibler Interpret Alter Musik ist. Vielleicht hätte es dem Werk gedient, wenn der Komponist die Aufführung selbst geleitet hätte. Das Sängerensemble überzeugte mit Stimmkompetenz und Engagement - allen voran Romana Amerling (Sopran), Gernot Heinrich (Enkidu) und Nicholas Spanos (Gilgamesch). Hervorzuheben ist auch das in die Inszenierung verwobene und im Zentrum der Bühne angesiedelte Schattenspiel mit Figuren von Roman Spiess, das der Aufführung eine gewissen Sinnlichkeit verlieh. Das schlicht gehaltene Bühnenbild stammte von Jakob Scheid, dessen Remake von Johann Nepomuk Mälzels Mechanischem Trompeter stolz die Eröffnungsfanfare des Abends darbot.

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29 juli 2015www.sirene.atRobert Lillinger
GILGAMESCH von René Clemencic

Die neueste Produktion des sirene Operntheaters ist eine szenische Aufführung des Oratoriums „Gilgamesch“ von René Clemencic. Das Libretto verfasste Kristine Tornquist nach dem berühmten Gilgamesch-Epos, dem babylonischen Heldenepos über den König von Uruk. Die heute bekannte Fassung von etwa 3000 Versen entstand auf der Grundlage älterer sumerischer und akkadischer Überlieferungen (seit dem 3. Jahrtausend v. Chr.) um 1200 v. Chr. und enthält als Hauptthema die vergebliche Suche nach dem ewigen Leben. Die Stadt Uruk, in der Bibel Erech genannt, ist das heutige Warka im Süden des Irak und gilt als eine der frühesten Großstädte der Menschheitsgeschichte. Um 3500 v. Chr. soll sie etwa 40 000 Einwohner auf einer Fläche von 5,5 Quadratkilometern gehabt haben. Uruk gilt als die größte Stadt des Altertums, um die Gilgamesch eine 9 km lange Stadtmauer gebaut hatte. Die Aufführung des Epischen Oratoriums fand in der Expedithalle der Brotfabrik in Wien-Favoriten statt und dauerte ohne Pause knapp zwei Stunden, in der die Handlung des Gilgamesch-Epos – es schildert den arroganten Herrscher, seine enge Freundschaft zu Enkidu, seinen siegreichen Kampf gegen Humbaba im Zedernwald, seine Liebe zu Ischtar, der mesopotamischen Venus und schließlich seine Läuterung – erzählt wird. Das Heldenepos wird in der Inszenierung von Kristine Tornquist in epischer Breite wiedergegeben, wodurch es zu Längen kommt, die auch die musikalische Interpretation nicht verhindern kann. Wie immer gut gelöst war die Aufteilung im großen Saal, in dem hinter der Publikumstribüne eine Ausstellung mit sieben Guckkästen präsentiert wurde und auch das Büffet mit Tischen und Bänken platziert war. Vor der Publikumstribüne saß das Orchester und zwischen zwei Holzgerüsten für Chor und Götterdarsteller war die Bühnenfläche vor einem Vorhang, auf dem ein Schattenspiel ablief, das die Szenen recht humorvoll und ansprechend illustrierte (Bühne: Jakob Scheid, Schattenfiguren: Roman Spiess). Die hübschen Kostüme im Stil des Altertums entwarf Markus Kuscher. Überzeugend der Countertenor Nicholas Spanos sowohl in der Darstellung der Titelrolle wie auch stimmlich. Ihm ebenbürtig agierte als sein Freund Enkidu der lyrische Tenor Gernot Heinrich. In der Rolle der Ischtar, der Stadtgöttin von Uruk, die auch Göttin der Liebe und Fruchtbarkeit ist, konnte die Sopranistin Lisa Rombach ihre stimmlichen Qualitäten ausspielen, musste sie doch immer wieder in höchsten Tönen singen. Aruru, die Mutter- und Schutzgöttin, wurde von der Sopranistin Ingrid Habermann, der Sonnengott Schamasch und Ea, der Gott der Weisheit und List, vom Tenor David Jagodic gesungen. Den Götterkönig Enlil – er ist auch der Herr der Götterversammlung, die auf dem rechten Holzgerüst ihren Thron innehatte – und den Himmelsgott Anu verkörperte mit tiefer, beherrschender Stimme der Bassbariton Apostol Milenkov. Der siebenköpfige Chor setzte sich aus drei Sopranistinnen (Romana Amerling, Susanne Kurz, Claudia Haber), zwei Tenören (Wilhelm Spuller, Bernd Lambauer) und zwei Baritonen (Johann Leutgeb, Clemens Kölbl) zusammen. Das Rote Orchester, dessen Schwerpunkte auf Bläser und Schlagwerk lagen, gab unter der Leitung von François-Pierre Descamps die betont illustrativ gehaltene Partitur des Komponisten René Clemencic eindrucksvoll wieder. Zur Musik ein Zitat des Komponisten aus einem Beitrag im Programmheft: „Ich versuche in meinen Werken Klänge und Klangkomplexe als akustische Zeichen und Chiffren für Weltstrukturen bzw. innere Erlebnisse und Erfahrungen einzusetzen. Klang und Klanggeste sollen als solche in ihrer ursprünglichen Magie wirken.“ Das Publikum in der fast ausverkauften Halle zollte am Schluss allen Mitwirkenden und dem Komponisten minutenlang frenetischen Beifall. PS: Ein Hinweis für Liebhaber von mythischen Themen: Im Mai 2016 wird in Brünn die Oper „Gilgamesch-Epos“ von Bohuslav Martinu zu sehen sein.

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28 maj 2015www.youtube.comUdo Pacolt
Kabbala, Clemencic
D: Kristine Tornquist
C: François-Pierre Descamps
Kontinuität und Vielfalt

(...) Wien Modern zeigt auch 2022 eine beneidenswerte Vielfalt und Kontinuität in der Qualität, wobei sich Bernhard Günther auf eine quirlige Wiener Musikszene, die ständig Neues auch von bewährten Namen gebiert, ebenso verlassen kann, wie auf hochkarätige Ensemble- und Solistengastspiele. Exklusiv entstandene Neuproduktionen des Musiktheaters ziehen besonders starkes Interesse auf sich, und wenn so etwas Symbiotisches dabei herausspringt wie René Clemencics ätherisch-uriges „Kabbala“-Oratorium, das von einem hervorragenden Kammer(-vokal-)ensemble unterm Sternenhimmel im Planetarium Wien dargeboten wurde, dann ist das zwar noch nicht die halbe Miete für’s Festival, aber schon wieder ein Achtungszeichen der Lebendigkeit. Der Wiener Dirigent und Organist Clemencic (1928–2022) war natürlich über Jahrzehnte ein Doyen der Alten Musik, aber als Komponist kaum bekannt. Dem österreichischen sirene Operntheater sind mehrere Wiederentdeckungen und die kontinuierliche Pflege seiner Musik zu verdanken, die eine einzigartige Kühle und Strenge atmet und daher fast perfekt zu den unendlichen Proportionen und der erfahrbaren Schönheit der Gestirne passt. (...)

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01 december 2022www.nmz.deAlexander Keuk
"Kabbala": Durch Sonne und Mond

Zugegeben: Am Ende dieses Abends hat sich weder eine Erleuchtung eingestellt noch - das wäre vielleicht so etwas wie ein Minimalziel gewesen - eine vage Ahnung, warum Musikgöttinnen wie Madonna so einen Narren an der jüdischen Mystik gefressen haben. René Clemencics Oratorium "Kabbala", seit Montag beim Festival Wien Modern zu erleben, beschert dem Publikum 80 Minuten lang unverständliche Gesangstexte, teils in Form von hebräischen Worten, teils sind es "Lautmeditationen". Kurz: Die Kabbala bleibt in dieser Produktion vom sirene Operntheater eine Geheimlehre. Sie wird einem aber immerhin mit einigen Reizen versüßt. Zum einen arbeitet die Klangsprache von Clemencic (1928-2022) mit repetitiven, fasslichen Rhythmen und einer leicht verbeulten Diatonik, die zumindest anfangs einen herben Charme besitzt. Zweitens findet der Abend im Wiener Planetariums statt und bietet dort eine Sternenshow auf, wie man sie auf der großen Kuppeldecke vielleicht schon in Schülertagen erlebt hat. Erfreulich auch: Dieser Film (Fulldome Video) bleibt weitgehend frei von esoterischen Beigaben. Im Rahmen einer Art "Best of Weltall" werden bunte Nebel-Schönheiten wie "Die Säulen der Schöpfung" vorgestellt, glitzern Sternenhaufen wie die Plejaden und dürfen natürlich auch Darstellungen eines Schwarzen Lochs nicht fehlen, ähnlich gleißend von Lichtströmen umflossen wie in Christopher Nolans Science-Fiction-Film "Interstellar". Kleine Textinserts, dezent am unteren Kuppelrand eingeblendet, benennen die kosmischen Attraktionen und tragen bisweilen auch zur Erleichterung im Saal bei: Den Satz, dass die Sonne noch Brennstoff für weitere sechs Milliarden Jahre besitzt, liest man in Zeiten schlechter Nachrichten mit gesteigertem Wohlbehagen. Warum dieser Film ausgerechnet Clemencic’ Oratorium behübscht, erschließt sich freilich nicht so ganz. Weil der Kosmos "Gottes Schöpfung" ist und der Allumwalter in den Kabbala-Texten wiederholt angerufen wird? Mag sein. Jedenfalls geben sich Dirigent François-Pierre Descamps sowie fünf Sänger (darunter zwei Countertenöre), vier Blechbläser und zwei Perkussionisten reichlich Mühe, sich durch gefühlte 1000 Wiederholungen schroffer Motive und archaischer Rhythmen zu arbeiten - Musik, die an die reduzierte Klangwelt des späten Carl Orff erinnert und mit ihrer robusten Motorik wie ein Perpetuum mobile aus Stein wirkt. Am Ende dämmert das Saallicht sanft, der Applaus tönt auch eher zart. Wer die Geheimnisse des Textbuches durchdringen will, hat dafür noch sechs Aufführungstermine Zeit.

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01 november 2022www.wienerzeitung.atChristoph Irrgeher