Zum Finale der Saison ist das Borromeo Music Festival mit seiner Gala zu Gast in Andermatt. Gemeinsam mit dem Pianisten Andreas Haefliger bietet das Streichquartett Kammermusik von Schoeck, Brahms und Turina Pérez auf höchstem Niveau.
«Die Kombination, ein enormes Ego zu haben, um überhaupt eine Bühne zu betreten, und dieses Ego im Moment des Auftritts fallen zu lassen, damit man der Musik gerecht werden kann – das ist ein sehr wichtiger Aspekt für mich, etwas, woran ich seit vielen, vielen Jahren gearbeitet habe.» Mit dieser Antwort, die Andreas Haefliger auf die Frage gab, was wohl die grösste Herausforderung für einen Pianisten sei, wird deutlich: Auf dem Konzertpodium ist der Flügel stets mit einer speziellen Präsenz verbunden. In Andermatt präsentieren die Borromeo Music Festival Players um Haefliger unterschiedliche Varianten dieser Präsenz – und auch der Abwesenheit – des Klavierklangs im Zusammenspiel mit Streichinstrumenten.
Der spanische Komponist Joaquín Turina Pérez wies dem Tasteninstrument eine besondere Rolle zu, als er zu Beginn der 1930er Jahre sein Klavierquartett in a-Moll schrieb. Beinahe hätte Turina Pérez selbst eine Pianistenkarriere eingeschlagen, wechselte dann aber auf den Pfad des Komponierens – und schuf im letzten Satz seines Quartetts einen heimlichen Solo-Part für das von ihm so geliebte Instrument. Ganz ohne Tastenspiel kommt Othmar Schoecks erstes Streichquartett von 1913 aus. Sein Talent zur Liedkomposition überträgt der Schweizer Komponist kunstvoll auf die klaren, eingängigen Themen seiner Instrumentalmusik. Die alpenländische Beschwingtheit aus Schoecks Quartett bildet dabei einen reizvollen Kontrast zum spanischen Pathos Turina Pérez`.
Eine reine Streicherbesetzung schwebte auch Johannes Brahms vor, als er im August 1862 ein Quintett für zwei Geigen, eine Bratsche und zwei Celli entwarf. Jedoch stellte sich das Klangergebnis als teils «ohnmächtig dünn», teils «zu dick» heraus. Brahms beschloss eine Kehrtwende Richtung Tasteninstrument: Ein Duo für zwei Klaviere sollte es nun werden. Gemeinsam mit seiner engen Vertrauten Clara Schumann brachte er das Werk zur Aufführung, um es dann auf Anraten seiner Duopartnerin nochmals grundlegend zu überarbeiten: Erst durch die Kombination aus Streichquartett und Klavier – erstmals zu hören 1865 in der Basler Wohnung des Ehepaars Riggenbach-Stehlin – entfaltet Brahms’ Komposition ihre ausgewogen vollkommene Klanggestalt, die nun auch in Andermatt zu erleben ist.