Name: Don Giovanni
Start: 2024-07-28T00:00:00.000Z
End: 2024-08-19T00:00:00.000Z
Location: Großes Festspielhaus

Organization

Admin

Salzburger Festspiele

Dirigat

Teodor Currentzis

Regie

Romeo Castellucci

Bühnenbild

Kostümbild

Lichtgestaltung

Choreographie

Cindy Van Acker

Dramaturgie

Piersandra Di Matteo

Assistant Stage Director

Maxi Menja Lehmann

Assistant Set Designer

Alessio Valmori

Assistant Costume Designer

Theresa Wilson

Sänger

Bariton

Davide Luciano

Don Giovanni

Bass

Dmitry Ulyanov

Der Komtur

Sopran

Nadezhda Pavlova

Donna Anna

Tenor

Julian Prégardien

Don Ottavio

Federica Lombardi

Donna Elvira

Kyle Ketelsen

Leporello

Ruben Drole

Masetto

Anna El-Khashem

Zerlina

Orchestra

Utopia Orchestra

Others

Utopia Choir

Chordirektion

Vitaly Polonsky

Italienisch

Salzburg

Österreich

Großes Festspielhaus

Public

Sharan Allad

Deutsch

Englisch

Genehmigt

‘Who I am you’ll never know.’
For Romeo Castellucci, approaching Don Giovanni means facing up to the ambiguity and complexity as well as the inner disequilibrium with which Mozart imbues his opera’s protagonist. Vitality and destruction: in this ambivalence Castellucci sees one of the fascinations of this figure. Don Giovanni doesn’t think – he acts precipitately, without drawing breath. He hurls himself about, bringing destruction in his wake while constantly evading the individuals who are hunting him down. But at the same time, during his ceaseless race he creates space and time, generates life. One could say that his fatal destiny is the result of an excess of vitality.

The old myth of Don Juan, which incorporated legends as well as religious didactic fables, underwent countless new interpretations from the beginning of the 18th century. Da Ponte and Mozart took it further, developing it into a highly nuanced work in which tragedy and comedy co-exist. Woven into the fabric of the music from the very first bar is a palpable death drive foreshadowing the final catastrophe. And when the piece is playful – ‘giocoso’ – the game that is being played is very serious indeed. Even when Mozart’s music ostensibly breathes lightness, it contains caverns that open up to expose the deepest human needs.

Don Giovanni knows neither remorse nor guilt:
in order to satisfy his desires he attacks the law, discrediting and abrogating it. It is no coincidence that his first act in the opera is the killing of a father – the Father. The Commendatore embodies the Law of the Father. Like all murdered fathers in the dramas of Western literature, he returns as a ghost – he is omnipresent.

In Castellucci’s staging, a stripped and emptied – deconsecrated – church becomes Don Giovanni’s headquarters. A neutral architecture is intermittently charged with meaning through a precise dramaturgy of appropriate and inappropriate objects falling from above, or appearing and disintegrating, or seeking a point of equilibrium. It is as if we are witnessing a child at play who is intent on destroying his toys. In this sense Don Giovanni is a pantoclastic figure, i. e. one that wants to destroy everything, a child venting his frustration at not being able to obtain the object of his desire.

The three female protagonists in the opera stand for three different emotional universes. Donna Anna is of noble lineage and embodies the hard-to-reach highest object of desire. Her language and her pain are palpable in her gestures – which are those of a tragic heroine. Donna Elvira is a figure whose voice betrays confusion and inner turbulence. She represents the family, the fabric of society. Don Giovanni is horrified when he encounters her for a second time. The thought that he might find out he is a father appals him. In his case love is something that separates, divides, cuts off, kills – not something that brings forth. And then we have the peasant girl Zerlina, the body as object of desire par excellence, an object that for Don Giovanni is there only to be possessed. He assumes that he is entitled to her, even on the day of her wedding.

Blinded by his narcissism, Don Giovanni is incapable of perceiving women as unique individuals. For Act II, Castellucci has invited a large number of women who live in Salzburg to occupy the stage of the Grosses Festspielhaus. The women are coming to reclaim their own body, a presence, a biography. The horrific list from Leporello’s catalogue manifests as an element of flesh and blood that is touching and affecting. Together with the women, the choreographer Cindy Van Acker has designed trajectories across the space, dynamics of interaction, forms of reciprocity and connectivity. The presence of these women renders visible how the field of desire gradually develops an all-absorbing, devouring power. The polarizing schema of Don Giovanni as hunter and the women as the hunted is reversed.

English

„Wer ich bin, wirst du nie erfahren.“
Sich Don Giovanni anzunähern, bedeutet für Romeo Castellucci, sich der Mehrdeutigkeit und Komplexität sowie dem inneren Ungleichgewicht zu stellen, die Mozart dem Protagonisten seiner Oper verleiht. Vitalität und Zerstörung: In dieser Ambivalenz sieht Castellucci eine Faszination der Figur. Don Giovanni denkt nicht, sondern handelt in großer Eile, ohne Atem zu holen. Er stürmt dahin und bringt Zerstörung, während er den Menschen, die auf ihn Jagd machen, beständig entgeht. In seinem pausenlosen Lauf schafft er jedoch gleichzeitig auch Raum, bringt Zeit hervor und erzeugt Leben. Man könnte sagen, dass sein Todesschicksal das Ergebnis eines Übermaßes an Leben ist.

Der alte Mythos von Don Juan, in den Legenden ebenso eingingen wie fromme Lehrfabeln, erfuhr seit Beginn des 18. Jahrhunderts eine Unzahl von Neuinterpretationen. Da Ponte und Mozart entwickelten ihn differenziert weiter und schufen ein Werk, in dem Tragödie und Komödie Seite an Seite existieren. Im Gewebe der Musik ist vom ersten Takt an ein Todestrieb spürbar, der auf die finale Katastrophe hindeutet. Und wenn das Stück spielerisch – „giocoso“ – wird, haben wir es mit einem sehr ernsten Spiel zu tun. Mozarts Musik birgt auch dort, wo ihr Atem leicht ist, Kavernen, die sich auftun, um die tiefsten Sehnsüchte des Menschen zu enthüllen.

Don Giovanni kennt weder Reue noch Schuldgefühle: Um seine Wünsche zu befriedigen, greift er das Gesetz an, diskreditiert es und hebt es auf. Es ist kein Zufall, dass seine erste Tat in der Oper die Tötung eines Vaters – des Vaters – ist. Der Komtur verkörpert das Gesetz des Vaters, und wie alle ermordeten Väter in den Dramen der westlichen Literatur kehrt er als Geist zurück – er ist überall spürbar.

In Castelluccis Inszenierung wird ein demontierter und entleerter – ein entweihter – Kirchenraum zum Hauptquartier Don Giovannis. Eine neutrale Architektur wird von Mal zu Mal mit Bedeutung aufgeladen, durch eine präzise Dramaturgie aus angemessenen und unangemessenen Objekten, die herabfallen, die auftauchen und sich auflösen, die einen Gleichgewichtspunkt suchen. Es ist, als würden wir dem Spiel eines Kindes beiwohnen, das bestrebt ist, sein Spielzeug zu zerstören. In diesem Sinn ist Don Giovanni eine pantoklastische – „allzerstörerische“ – Figur, eben ein Kind, das seiner Frustration darüber Luft macht, dass es das begehrte Objekt nicht erlangen kann.

Die drei Frauen der Oper stehen für drei verschiedene Gefühlsuniversen. Donna Anna ist von edler Herkunft und verkörpert das schwer zu erreichende höchste Objekt des Begehrens. Ihre Sprache und ihr Schmerz werden in ihrer Gestik greifbar – der Gestik einer tragischen Heldin. Donna Elvira ist eine Figur, deren Stimme Verwirrung und Aufgewühltheit verrät. Sie repräsentiert die Familie, das Gefüge der Gesellschaft. Don Giovanni empfindet Schauder, als er ihr zum zweiten Mal begegnet. Der Gedanke, er könnte herausfinden, dass er Vater ist, jagt ihm Schrecken ein. Die Liebe ist in seinem Fall etwas, das zerteilt, spaltet, abschneidet, tötet – nicht hervorbringt. Und dann haben wir die Bäuerin Zerlina, den Körper als Objekt des Begehrens par excellence, ein Gegenstand, der für Don Giovanni nur da ist, um besessen zu werden. Er geht davon aus, dass sie ihm mit Fug und Recht zusteht, sogar an ihrem Hochzeitstag.

Don Giovanni ist unfähig, die Frauen in ihrer jeweiligen Einzigartigkeit wahrzunehmen, weil ihn sein Narzissmus blind macht. Für den zweiten Akt hat Castellucci eine große Anzahl von Frauen, die in Salzburg leben, eingeladen, die Bühne des Großen Festspielhauses zu besetzen. Die Frauen kommen, um sich den eigenen Körper, eine Präsenz, eine Biografie zurückzuholen. Die entsetzliche Liste von Leporellos Register verwandelt sich in ein Element aus Fleisch und Blut, das berührt und bewegt. Die Choreografin Cindy Van Acker hat mit den Frauen Bewegungsbahnen durch den Raum, Dynamiken der Interaktion, Formen von Gegenseitigkeit und Verbundenheit konzipiert. Die Anwesenheit der Frauen macht sichtbar, wie das Feld des Begehrens allmählich eine absorbierende, einverleibende Kraft entwickelt. Das polare Schema von Don Giovanni als Jäger und den Frauen als Gejagten wird umgekehrt.

Aufführungskredite (Besetzung & Produktionsteam )

Besetzung

Produktionsteam

Ensemble