Am Ende blies Martin Kušej der frostige Wind eines Buhorkans ins Gesicht, als der Regisseur auf die Bühne des Theaters an der Wien trat. Erstaunlich kalt nahm das Opernpublikum am Dienstagabend seine Neudeutung von Puccinis "Tosca" auf, die der Burgtheaterdirektor in einer Eislandschaft statt dem Palazzo Farnese oder der Engelsburg ansiedelt. Im Kern zeichnet die Inszenierung eine erfrorene Welt mit zutiefst heutigen, verlorenen Figuren. Schnee von morgen anstatt von gestern.
Das kann auch altgedienten Opernregisseuren passieren. Da haben sie eine Superidee - und werden nach der Premiere von den Hooligans der konservativen Fraktion niedergebuht. Warum soll nicht - wie bei Claus Guth in Paris - Puccinis "La Bohème" im Weltall spielen oder "Tosca" nicht in Rom, sondern an einer eiskalten Hinrichtungsstätte im verschneiten Nirgendwo? Dorthin verlagerte Martin Kušej, im Hauptberuf Burgtheaterdirektor, Puccinis spannungsgeladenen Opernthriller, der wie keine andere Oper eigentlich nach präzisen Angaben über Ort und Zeit gebaut ist.
Die Partie des Albert ist nicht sehr dankbar, was aber Peter Bording daraus macht, das ist superb. Er versteht es blendend, der sonst oft eindimensional und bieder wirkenden Figur Farbe zu geben.
“Peter è Gustavo Castillo, baritono venezuelano dal timbro brillante e gradevolissimo, nonché dalle spiccate doti attorali.“
«Le baryton australien Derek Welton offre ses superbes graves à Oreste».
‘Orest … was sung by the Australian bass-baritone Derek Welton, whose attractive dark timbre fulfilled this heroic and lyrical music … Welton sang with extreme beauty and style, creating a noble character.’
Mit flexiblem, hohem Bariton, ohne jedes Dröhnen verkörpert Peter Bording den Grafen zwischen schnöseligem London-City-Yuppie und exzentrisch-triebhaftem Landadligen - ein Hochgenuss.
Der Graf (Peter Bording) zelebriert seinen ersten Auftritt als übler Macho in offenem Bademantel, Boxer-Shorts und Goldkettchen und versucht später, das verschlossene Kabinett seiner Frau mit einer Kettensäge zu öffnen. Dabei singt er seinen Part zu typischer Kettensägen-Gestik. [...] Die Darsteller auf der Bühne glänzten ebenfalls auf ganzer Linie, vor allem Peter Bording, der sich in seiner Rolle als macho- und triebhafter Graf Almaviva geradezu ausleben konnte. Nicht nur seine stimmliche Präsenz und Sicherheit sondern auch seine schauspielerische Leistung ist hervorzuheben, die deutlich zeigte, welchen Spaß ihm diese Rolle bereitete.